Heiko Maas bittet Polen um Vergebung

Wir freuen uns, dass nach unserer Osttour an der Grenze zu Polen folgendes politisches Ereignis stattfand:

Zum 75. Jahrestag des Warschauer Aufstands gedenkt Außenminister Heiko Maas der Opfer.


FOTO: AP

Das Denkmal, das an eines der schlimmsten deutschen Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg erinnert, steht auf dem Mittelstreifen einer viel befahrenen Straße in Warschau. Vor einer steinernen Mauer zeichnen sich die Silhouetten von Menschen ab, die gesamte Mauer ist wie von Einschüssen durchlöchert.

Im Warschauer Stadtteil Wola wurden im August 1944 innerhalb einer Woche 50.000 Menschen ermordet. Die Deutschen holten die Einwohner aus den Häusern und erschossen Männer, Frauen und Kinder. Damit übte die SS Vergeltung für den Warschauer Aufstand, der am 1. August 1944 begonnen hatte. 75 Jahre später legte der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) an dem Denkmal für die Opfer des Massakers einen Kranz nieder. „Deutschland trägt die Verantwortung für dieses Grauen“, sagt Maas später. …

Warschau wurde von den Deutschen systematisch zerstört

Am 1. August 1944 hatte die Polnische Heimatarmee, eine militärische Untergrundorganisation im von den Deutschen besetzten Polen, einen Aufstand gegen die Besatzer begonnen. Zu diesem Zeitpunkt stand die Rote Armee bereits kurz vor Warschau. Die Polen wollten jedoch ihre Hauptstadt selbst befreien und sich damit ihre Eigenständigkeit sichern.

Der SS-Führer Heinrich Himmler erteilte den Befehl, alle Einwohner Warschaus zu töten und die Stadt dem Erdboden gleichzumachen. Nach 63 Tagen war der Aufstand niedergeschlagen. Die Deutschen hatten mehr als 180.000 Menschen ermordet und die Stadt Warschau systematisch zerstört. Keiner der Deutschen, die am Massaker von Wola beteiligt waren, wurde nach dem Krieg für diese Taten je vor Gericht gestellt.

Dass nun ein deutscher Außenminister in der Reihe der Ehrengäste sitzt, ist alles andere als selbstverständlich. Seit 2004 war kein Mitglied der Bundesregierung bei den Gedenkveranstaltungen dabei. Damals hatte Gerhard Schröder als erster Bundeskanzler teilgenommen – und war von einigen Zuschauern mit Buhrufen empfangen worden.

Maas betont, es erfülle ihn „mit Demut und Dankbarkeit“, als deutscher Außenminister am 75. Jahrestag des Aufstands teilnehmen zu können. „Ich bin hierhergekommen, weil ich die Toten ehren und die Familien der Toten und Verletzten, weil ich auch das polnische Volk um Vergebung bitten möchte“, sagt der Minister in einer Rede im Museum des Warschauer Aufstands. „Ich schäme mich für das, was Ihrem Land von Deutschen und in deutschem Namen angetan wurde.“ Er schäme sich auch dafür, dass diese Schuld nach dem Krieg viel zu lange verschwiegen worden sei.

 

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Video-Link: https://youtu.be/YUNPymY0fo8?t=478

 

Die Einladung durch den polnischen Außenminister Jacek Czaputowicz ist für Maas ein „besonderes Zeichen des Vertrauens“. Er sei dankbar, weil Deutschland und Polen heute „als Nachbarn und Freunde dieses starke Vertrauen ineinander haben“, sagte Maas. „Wir teilen die gleichen Werte.“ Für diese Werte hätten viele Menschen in der Heimatarmee gekämpft und ihr Leben gelassen: Freiheit und Selbstbestimmung in Europa.

Für Maas ist es bereits der fünfte Besuch in Polen in anderthalb Jahren. Trotz aller Differenzen, die es im deutsch-polnischen Verhältnis seit Jahren gibt – von der Migrationspolitik über die Gaspipeline Nord Stream 2 bis zu Polens Justizreform – will er die Zusammenarbeit mit Warschau stärken. So forderte er kürzlich, Deutschland und Polen sollten gemeinsam Motor der europäischen Entwicklung sein. Dieses Bild ist sonst dem deutsch-französischen Verhältnis vorbehalten. …

„Erst das gemeinsame Erinnern bahnt den Weg für eine gemeinsame Zukunft“, sagte Maas in seiner Rede. Doch in Deutschland wird der Warschauer Aufstand bis heute oft mit dem Aufstand im jüdischen Ghetto 1943 verwechselt, viele Deutsche wissen kaum etwas über dieses historische Ereignis. Deswegen unterstützte der Außenminister ausdrücklich die Initiative für einen Gedenkort in Berlin, der an die Opfer von Krieg und Besatzung in Polen erinnern soll. Das sei „lange überfällig“, betonte er. „Eine solche Gedenkstätte wäre nicht nur eine Versöhnungsgeste an Polen. Sie wäre bedeutend für uns Deutsche selbst.“

Wir glauben fest: Unsere Osttour und das Beten an der Grenze hat Anteil an dieser Versöhnung.

Quelle: Ausführlicher Artikel auf Tagesspiegel.de

Maas Rede bei Youtube

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